Gäste aus Irland
Mit dieser Urkunde regelte ein gewisser Posso seine Vermögensverhältnisse vor einer Pilgerfahrt an die Schwellen der Apostelgräber von Petrus und Paulus in Rom. Eingedenk der vielen Gefahren, die eine solche Pilgerreise mit sich brachte und einer unsicheren Rückkehr, überträgt Posso, «auf die Gnade des Gebets hoffend», dem Kloster St.Gallen für sein Seelenheil seine namentlich aufgezählten Hörigen in Illnau, sechs Spannochsen, die ebenfalls zum dortigen Hof gehören, «die Hälfte seiner Pferdezucht in Hinwil sowie seine Kuhherde in Mönchaltorf». Sollte er von der Reise unbeschadet heimkehren, erhält er den ganzen Besitz zurück.
Als Schreiber signiert ein irischer Mönch, der selbst eine Pilgerreise von Irland nach Rom unternommen hat. Das unablässige Pilgern in der Fremde gehört nämlich zu den Grundzügen des frühen irischen Mönchtums. Zum Verständnis dieses Pilgerns gehört auch eine lebenslange Pilgerschaft ohne Rückkehr in die Heimat, weil man das Unterwegssein in der Fremde als freiwilliges Exil versteht. Dieses physische Unterwegssein unterscheidet das irische vom benediktinischen Mönchtum, wie es in St.Gallen die Regel wird. Im benediktinischen Mönchtum verpflichtet sich der Mönch, das Kloster nicht mehr zu verlassen. Und wenn Mönche nach Rom pilgerten, war dies eine Wallfahrt zu den Reliquien der Heiligen, von der man gesund und geläutert in die Heimat zurückzukehren hoffte.
Erfahren Sie mittels einer detektivischen Suche in St.Galler Dokumenten im Folgenden mehr dazu, wie sich Informationen aus Quellen zu einem Puzzle zusammensetzen lassen, dank dem wir mehr darüber erfahren, wie es dazu kam, dass ein irischer Mönch ein bekannter Lehrer und Schreiber im Kloster St.Gallen wurde und entgegen irischer Gewohnheit dem Pilgern entsagte.