Amata von Lenggenwil
Urkunden geben einen konzentrierten Einblick in Lebensumstände einzelner Personen und ihrer Familien und in der vorliegenden Urkunde Amatas sind sie eigentliche Testamente. In der Urkunde steht, dass der verstorbene Gemahl Linko seiner Frau Amata in Lenggenwil ein reiches Erbe hinterlässt. Lenggenwil hiess damals Linkenvuilare, was die Annahme erlaubt, dass Linkos Familie den Weiler gegründet hat. Amata heiratet ein zweites Mal einen Mann namens Winihard. Zu ihrem und ihres verstorbenen Mannes Seelenheil spendet sie ihren Grundbesitz in Lenggenwil den Armen im Hospital im Kloster St. Gallen. Zudem soll aus dem Ertrag der Güter in Lenggenwil am Martinstag ein «Gastmahl in reicher Fülle» für die Brüder und die übrigen Angehörigen der Klostergemeinschaft ausgerichtet werden. Dies in Gedenken an Linko, Amata und Winihard.
Um Erbstreitigkeiten zu verhindern, regelt Amata in der Urkunde auch die Frage, was mit dem Besitz geschähe, wenn sie vor Winihard stürbe. Dass die Urkunde im Kloster St.Gallen an einem Ort aufbewahrt wurde, der für die Ewigkeit gebaut worden war, bot zudem ein Höchstmass an Schutz vor Verlust – ein Archiv als Banktresor. Diese Privaturkunde legt anschaulich dar, dass vermögende alemannische Frauen Entscheidungsvollmacht über ihren Besitz besassen und ihn selbständig verwalteten.